Wie mir persönliche Reviews bei der Promotion helfen

Als ehemaliger Leistungssportler erinnere ich mich noch gut an die Trainingslager in Portugal, bei denen wir tagsüber Techniktraining gemacht haben, unser Trainer mit einem Camcorder unsere Sprünge aufgenommen hat und wir Abends dann gemeinsam auf dem Hotelzimmer Bild für Bild unsere Sprünge analysiert haben. Daraus haben wir abgeleitet, was wir falsch machen. Wir konnten unsere Fehler visualisieren und Konsequenzen für die nächsten Trainingseinheiten ziehen. Der Nachteil war immer, dass wir in dem Moment, wo wir uns die Bilder angesehen hatten, keine Sportkleidung mehr anhatten, sondern geduscht auf einem Hotelbett saßen. Mit den Slow-Motion Aufnahmen auf dem Handy wurde dies später dann viel einfacher, wir konnten im Training direkt einen Sprung aufnehmen, analysieren und beim nächsten Versuch die Bewegung optimieren.

Zu Beginn meiner beruflichen Laufbahn hatte ich diese Erfahrungen leider total vergessen. Ich habe versucht meine Aufgaben am Institut zu schaffen, in dem ich einfach länger geblieben bin. Ich habe die Wochenenden genutzt, um an meiner Dissertation zu schreiben oder Anträge fertig zu stellen . Ich habe einfach versucht mehr Leistung zu bringen, in dem ich mehr gearbeitet habe. Viel hilft viel, oder?

Genau wie ich, machen viele andere Promovierende und Führungskräfte genau diesen Fehler. Dabei sollten wir uns das Muster einfach bei Spitzensportlerinnen und -sportlern abgucken. Und genau darum geht es bei persönlichen Reviews. Das sind kleine „Videoanalysen“ der eigenen Tätigkeiten, um daraus Handlungen für die Zukunft abzuleiten.

Persönliche Reviews sind sehr individuell und sollten jeweils individuell ablaufen. Außerdem ist der Betrachtungszeitraum immer unterschiedlich. Jeder von uns kennt den Jahresrückblick. Viele nutzen die Zeit zwischen Weihnachten und Silvester, um einmal auf das vergangene Jahr zurückzublicken und sich Ziele für das neue Jahr zu setzen. Genauso kann man aber auch wöchentlich, monatlich oder quartalsweise einmal zurückblicken.

Zusätzlich zur zeitlichen Perspektive gibt es noch den eigenen Betrachtungspunkt. Es ist möglich, sich beim Review auf ein bestimmtes Thema zu fokussieren. Zum Beispiel könnte man sich die Dissertation vornehmen. Was habe ich im letzten Monat für meine Dissertation geschafft? Genauso ist es aber auch möglich, sich das gesamte Feld „Beruf“ vorzunehmen oder ganz übergreifend das eigene Leben. Auch hier kann und sollte jeder individuell entscheiden, wie man es handhaben möchte.

Egal, wie ein Review ausgerichtet ist oder welchen Betrachtungszeitraum es hat, der grundlegende Aufbau ist vergleichbar und lässt sich in 3 Phasen einteilen:

Zunächst kommt eine Analysephase in der erstmal aufgenommen wird, wo man steht. Was habe ich geschafft? Was waren vorher meine Ziele? Was habe ich gut gemacht? Was habe ich nicht gut gemacht? Solche Fragen sollte man sich in dieser Phase stellen.

Danach folgt die wichtige Veränderungsphase. In dieser Phase sind Schlüsse aus der Analyse zu ziehen. In einem Podcast habe ich mal ein Konzept von 3 Kernfragen gehört, leider weiß ich heute nicht mehr welcher Podcast dies war. Die drei Kernfragen sind:

  • Was sollte ich weiterhin tun?
  • Was sollte ich anfangen zu tun?
  • Was sollte ich aufhören zu tun?

Abschließend folgt dann die Planungsphase. Hier geht es darum, sich den nächsten Betrachtungszeitraum vorzunehmen und Zielsetzungen abzuleiten. Was will ich danach erreicht haben? Wo will ich stehen? Diese Phase ist wichtig, um beim nächsten Review auch wieder bewerten zu können, ob man richtig unterwegs war oder ob man irgendwann vom Weg abgekommen ist.

Reviews zeigen einem somit zum einen wo man steht, geben einem Handlungsrichtungen und setzen das Ziel fest. Richtig (wobei richtig jetzt nicht ein fester Ablauf ist, sondern sehr individuell ist) angewendet und vor allem auch kombiniert, sind sie ein super Hilfsmittel, um für sein Leben oder sein Vorhaben schnell festzustellen, ob der Weg noch der richtige ist oder die Herangehensweise noch stimmt.

Wenn ich mir selbst ein 5 Jahresziel für mein Leben vornehme, dann kann ich dieses in Jahresziele einteilen und in Jahresrückblicken überprüfen. Verändert sich etwas Grundlegendes im meinem Leben, dann kann ich auch mein 5 Jahresziel ändern. Ich kann ein neues Ziel festlegen und darauf hinarbeiten. Genauso kann ich mir aber auch für die Dissertation eine Versuchsreihe vornehmen, die in diesem Monat erledigt werden soll. Wenn ich in der zweiten Woche merke, ich komme zu langsam mit der Vorbereitung voran, weil ich gerade Umziehe, dann kann ich mir vornehmen in diesem Monat einfach ein Kapitel aus dem Stand des Wissens fertig zu schreiben. Reviews ermöglichen also eine schnelle Anpassung an Gegebenheiten.

Und dann sind Reviews natürlich, wie anfangs beschrieben, eine Möglichkeit sein Verhalten zu ändern. Folgendes Beispiel kennen wir vermutlich alle. Ich habe ich mich irgendwann mal gefragt, warum ich keine Zeit hatte an meiner Dissertation zu schreiben. Als ich mich dann einmal zu einem Review des letzten Monats hingesetzt hatte, habe ich mir über meinen Tagesablauf Gedanken gemacht und festgestellt, dass ich einen erheblichen Teil meiner „Freizeit“ damit verbracht habe, irgendwelche YouTube-Videos zu schauen, weil ich in meinem Tagesablauf immer kurze Zeitabschnitte hatte, die sich für keine Art von konzentrierter Tätigkeit eigneten. Ich musste also Zeit überbrücken und habe irgendeinen Quatsch geschaut. Nachdem ich das erkannt habe, habe ich meinen Tagesablauf geändert und die kurzen Zeiträume eliminiert. Und plötzlich hatte ich fast einen ganzen Arbeitstag pro Woche mehr für die Diss.

Abschließend noch ein Beispiel für den Ablauf eines wöchentlichen Reviews.

  1. Wochentagebuch – Wie war die Woche? Hier kann in Tagebuchform die eigene Stimmungslage frei aufgeschrieben werden. Das hilft später dann auch bei Monats- oder Jahresrückblicken, bestimmte Phasen zu verstehen.
  2. List of failure/List of accomplishment  – Was lief gut/was lief schlecht? Es ist furchtbar schwer, sich am Ende des Jahres über die Erfolge oder Misserfolge des Jahres zu erinnern. Wenn man diese aber wöchentlich auf eine Liste schreibt, dann kann man diese später gut durchgehen.
  3. Aufgabenliste aktualisieren – Ist meine Aufgabenliste aktuell? Erledigte Aufgaben sollten abgehakt sein, neue Aufgaben sollten auf der to do Liste stehen. Auch hier kann man sich am Sonntag vielleicht noch daran erinnern, dass man am Mittwoch noch eine Aufgabe „bekommen“ hat.
  4. Bewegungsziele überprüfen – Habe ich genug Sport gemacht? Hier geht es um persönliche Ziele für das allgemeine Wohlbefinden. Wenn jemand anstatt Sport, Musik machen muss, um abzuschalten oder sich mental fit zu fühlen, dann kann auch das hier überprüft werden. Im Grunde ist die Frage: Habe ich von dem, was mir gut tut, diese Woche genug gemacht?
  5. Wochenziele festlegen – Was will ich diese Woche erreichen (Fokus: Monatsziele)? Das Monatsziel steht fest, die erledigten Aufgaben der Woche sind bekannt. Jetzt ist die Frage, was muss diese Woche erledigt werden, damit das Monatsziel erreicht wird?
  6. Terminplanung/Wochenplanung – Was steht die Woche an? Stehen die Woche Termine an oder wann kann ich an welchem Ziel arbeiten? Hier können Zeitblöcke erfasst werden oder auch Zeiten dafür freigeschaufelt werden.