Für mich ist es irgendwie logisch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitsprechen wollen, einen Sinn in ihrer Arbeit sehen wollen und dann leistungsfähiger sind. Wer sich bei der Arbeit wohl fühlt, geht auch mal die Extrameile, bleibt länger und überträgt das gute Gefühl auch zum Kunden. Und klar ist, als Arbeitgeber oder Führungskraft muss ich dafür zuhören und Mitsprache ermöglichen, viele Teamevents machen und auch den Kickertisch in den Büroflur stellen! Das ist es doch, was mit New Work gemeint ist.
Aber ist das wirklich das was mit New Work gemeint ist? Ist damit direkt eine offene Unternehmenskultur gemeint? Irgendwie habe ich da in der Form meine Zweifel.
In seinem Buch „Wir führen anders“ beschreibt Mark Poppenburg das Thema Führung aus der Sicht der Systemtheorie heraus. Was die Systemtheorie genau ist, traue ich mich hier noch nicht zu schreiben, weil ich es noch nicht ganz durchdrungen habe, aber soviel habe ich zumindest schon verstanden. Wenn wir in sozialen Gruppen sind, wie zum Beispiel in einem Unternehmen oder in einem Verein, dann beeinflusst nicht der einzelne Mensch die Gruppe unabhängig voneinander. Die Gruppe ist vielmehr ein System, was sich gegenseitig beeinflusst und somit löst eine Aktion an der einen Stelle eine Gegenreaktion an der anderen Stelle aus.
Mark Poppenburg bringt hier oft das Beispiel des Bonus. Boni sind Möhren, die der Belegschaft vorgehalten werden, um mehr zu leisten. Sie nehmen aber in Kauf, dass evtl. andere wichtige Dinge unter die Räder kommen. Beispielsweise hat der Vertrieb das Ziel möglichst viele Aufträge reinzuholen und der persönliche Bonus hängt davon ab. Um das Ziel zu erreichen verspricht eine Mitarbeiterin besonders kurze Lieferzeiten. Die können von der Fertigung nicht eingehalten werden und der Kundenservice muss sich mit dem Problem rumschlagen.
Mich haben die Ansätze von Mark Poppenburg hier überzeugt. Was bedeutet, der Kickertisch ist nicht die Lösung für die offene Kultur. Was aber ist dann eine offene Unternehmenskultur? Wie kann ich diese aufbauen und was sind die Bausteine dazu? Achim Kopp ist Geschäftsführer der KOPP Schleiftechnik GmbH. Eines inhabergeführten Zerspanungswerkzeug-Herstellers mit 42 Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Das Unternehmen ist ein klassischer Familienbetrieb, die gesamte Führungsmannschaft ist Teil der Familie Kopp. Und das Unternehmen wurde als ein Great-place-to-work in Hessen ausgezeichnet. Bei einem unserer After-Work Meetups hat Herr Kopp den Teilnehmenden in einem Impulsvortrag seine Vorstellung von einer offenen Unternehmenskultur näher gebracht.
Common Ground: Der Kunde erwartet eine perfekte Leistung
Wichtig sei es, so Herr Kopp zu Beginn des Vortrags, dass bei allem Gerede von Kultur und Mitsprache, der Kunde am Ende des Tage von ihm ein perfektes Werkzeug erwartet. Der Kunde bezahlt also für das Produkt oder die Dienstleistung und alles was wir in Unternehmen tun, muss darauf ausgerichtet sein, den Kunden zufriedenzustellen. Das ist sozusagen erstmal der Common Ground, auf den wir uns verständigen sollten, wenn wir über das Entwickeln der Unternehmenskultur sprechen.
Die Herausforderung für alle Unternehmen ist heute eigentlich immer die selbe. Wir haben hier auch schon öfter darüber gesprochen. Es geht eigentlich immer darum, dass die Welt sich heute so schnell verändert und wir als Unternehmen hier mitkommen müssen. Als Menschen sind wir alle darauf gepolt möglichst im Status quo zu bleiben. Hier ist es doch gerade schön, warum soll ich was verändern? Aber von Außen verändern sich die Dinge. Für Herrn Kopp sind es zum Beispiel der Trend in der Fertigungstechnik vermehrt auf die additive Fertigung zu setzen oder aber die Marktveränderungen in der Mobilität. Mehr E-Mobility und mehr 3D-Druck bedeuten für Herrn Kopp weniger Werkzeuge zum Schleifen. Die Mitarbeitenden in einem Unternehmen müssen auf diese Veränderungen reagieren. Und jeder Mensch reagiert anders. Der eine geht sofort mit und nimmt die Veränderung als Motivation. Der andere findet das alles beängstigend und hat auch eigentlich keine Lust, dass sich was ändert. Und dazwischen gibt es auch noch 100 Varianten. Aber als Führungskraft müssen wir alle Mitarbeitenden im Unternehmen mitnehmen und bei der Veränderung begleiten.
Damit Menschen einem bei diesen Veränderungen folgen, ist es für Herrn Kopp wichtig offen zu kommunizieren. Dazu gehört es, die Situation zu erklären, unterschiedliche Lösungswege aufzuzeigen und am Ende eine Entscheidung zu treffen und diese auch zu erklären. Wer weiß, warum etwas gemacht wird, kann leichter mitgehen. Oder aber auch die bewusste Entscheidung treffen nicht mehr mitzugehen.
Bei KOPP Schleiftechnik GmbH gibt es quasi keine Fluktuation. Die Mitarbeiter bleiben im Unternehmen bis sie in den Ruhestand wechseln. Durch eine langfristige Personalplanung weiß Herr Kopp damit auch genau, wann für welche Mitarbeiterin und welchen Mitarbeiter eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger benötigt wird und kann sich frühzeitig darum kümmern, jemanden gut aufzubauen. Und frühzeitig bedeutet in diesem Fall, ein junger Mensch startet mit der Ausbildung, schließt diese ab, lernt noch 2 Jahre vom erfahrenen Mitarbeiter und übernimmt dann gut ausgebildet und perfekt vorbereitet die neue Aufgabe. Auch hat die Firma Kopp noch nie eine Stellenanzeige schalten müssen. Sowohl Auszubildende oder neue Stellen werden immer intern oder über Empfehlungen der Belegschaft vergeben.
Ich finde, alleine dies zeigt sehr schön, dass Herr Kopp den richtigen Weg gefunden hat. Weil dahinter aber mehr steht als, wie oben beschrieben, nur offen Entscheidungen zu treffen, habe ich noch einmal mit Herrn Kopp gesprochen und ihn gebeten das dahinterliegende System noch einmal selbst zu erklären. Mehr dazu im später hier folgenden Interview.
Aktualisierung: Hier geht’s zum Interview.
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Autor: Oliver Maiß
Hallo, mein Name ist Oliver und ich bin Gründer und Initiator von Produktionstalente. Ich habe selbst 6 Jahre am IFW in Hannover promoviert und kenne daher viele Herausforderungen vor, während und nach der Promotion. Ich schaffe gerne Möglichkeiten, um Menschen miteinander zu vernetzen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir aus jeder Begegnung etwas wertvolles für uns mitnehmen können. Und vielleicht konntest du ja jetzt auch schon etwas von mir mitnehmen.