Aufgabengebiete und Anforderungen für die Entwicklungsleitung

Nachdem wir vor einiger Zeit über die Tätigkeiten als ProduktionsleiterIn gesprochen haben, möchten wir uns nun mit der Entwicklungsleitung beschäftigen. Gerade als wissenschaftlicher MitarbeiterIn ist man fast schon perfekt auf diese Stelle vorbereitet, da die fachliche Tätigkeit quasi genau das ist, was man bereits heute tut. Im Unternehmensumfeld gehören hier aber neben der reinen Produktentwicklung noch weitere Aufgaben zu.

Welche Aufgaben hat die Entwicklungsleitung?

Die Entwicklungsleitung ist dafür zuständig die zukünftigen Produkte des Unternehmens zu definieren und mit einem Team umzusetzen. Das ist eine sehr zentrale Aufgabe, denn Unternehmen müssen sich wandeln und verändern. Ohne eine Weiterentwicklung oder die Anpassung an Marktanforderungen, wird es kein Unternehmen langfristig schaffen zu bestehen. Als Entwicklungsleiter oder -leiterin muss man also in die Glaskugel schauen und versuchen die bevorstehenden Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Gerade in mittelständischen Unternehmen gehören häufig drei unterschiedliche Entwicklungsarten zu den Aufgaben. Zum einen ist man für die Grundlagenforschung verantwortlich. Das bedeutet, man muss sich eng mit den Forschungsinstituten austauschen und die Kooperationen mit ihnen koordinieren, um stets den aktuellen Stand der Technik zum eigenen Produkt zu kennen. Im zweiten Bereich geht es darum, neue Produktentwicklungen voranzutreiben und umzusetzen. Das Grundlagenwissen muss hier mit früheren Erfahrungen, Innovativen und Marktanforderungen zusammengeführt werden, um neue Produkte und Technologien für Kunden zu entwickeln. Zuletzt müssen in der Entwicklung aktuelle Kundenanfragen bearbeitet werden. Also sehr anwendungsnahe Umsetzungen der Technologien für einen speziellen Kunden.

Aufgrund der häufig sehr unterschiedlichen Anforderungen ist ein EntwicklungsleiterIn verantwortlich für ein oder mehrere Teams. Diese bestehen häufig aus heterogenen Teammitgliedern mit sehr unterschiedlichen Qualifizierungen. Darüber hinaus muss man neben den internen Mitarbeitern auch meist externe Dienstleister oder Kooperationspartner in den Projekten mit anleiten.

Gerade in produzierenden Unternehmen, muss die Entwicklungsleitung sehr eng mit der Produktion und dem Einkauf zusammenarbeiten. Denn mit den technischen Anforderungen an das Produkt, werden direkt die wesentlichen Kosten für die nachfolgenden Unternehmensbereiche definiert.

Die wichtigsten Fähigkeiten eines EntwicklungsleiterIn

Dr. Steffen Weber von der Krebs und Riedel Schleifscheibenfabrik fasst die größte Herausforderung an eine Entwicklungsleiterin oder einen Entwicklungsleiter im Interview mit Produktionstalente so zusammen: „Die größte Anforderung […] ist, immer das große Ganze im Auge zu behalten. Neben dem Einbringen seiner eigenen Fachexpertise gilt es, jeden anderen Teilbereich der Abteilung möglichst gut zu verstehen und auch vertreten zu können.“

Dr. Steffen Weber, Entwicklungsleiter bei Krebs und Riedel Schleifscheibenfabrik GmbH Co.KG

Aus den Aufgaben und der Aussage von Herrn Weber können wir direkt die wichtigsten Fähigkeiten eines EntwicklungsleiterIn ablesen.

Projektmanagement

Bei Entwicklungen handelt es sich per se um Projekte. Als EntwicklungsleiterIn muss man verschiedene Projekte gleichzeitig bearbeiten, delegieren und leiten. Es ist also erforderlich zu jedem Zeitpunkt einen optimalen Überblick über die unterschiedlichen Projektstände zu haben, die Meilensteine im Blick zu behalten verbindliche Zeitvorgaben für die Teammitglieder zu definieren.

Innovationsdrang und Neugierde

Als EntwicklungsleiterIn müsst ihr euch immer fragen, wie der bestehende Zustand in Zukunft verbessert werden kann. Dabei müssen alle Tätigkeiten darauf ausgelegt sein, die nächste Innovation zu entwickeln. Da viele Innovationen aber nicht immer planbar sind und Innovationen auch immer eine Kombination aus neuen Ideen, Ausprobieren und Scheitern sind, müssen EntwicklungsleiterInnen stets neugierig sein und Dinge ausprobieren.

Kommunikationsfähigkeit

Als EntwicklungsleiterIn ist man immer auf die Unterstützung von Teammitgliedern oder externen Partner angewiesen, sei es bei der direkten Umsetzung oder der Findung neuer Lösungsansätze. Die alte Denkweise des „not invented here“ wird durch neue Technologien immer weiter aufgebrochen. EntwicklungsleiterInnen müssen kooperieren und sich auf die Fachexpertiese von Partnern einlassen. Das alle erfordert ein hohes Maß an kommunikativer Fertigkeit.

Budgetverantwortlichkeit

Entwicklungsprojekte sind in der Regel durch ein klares und großes Budget begrenzt. Das Budget ist in aufwendigen Planungsrunden mit der Geschäftsführung abgestimmt. Als EntwicklungsleiterIn ist man dafür verantwortlich, dass alle Budgets eingehalten werden. Das bedeutet, man muss eine gute Übersicht über die aktuellen und zukünftigen Kosten haben.

Unternehmerisches Denken

Das beste Produkt, die größte Innovation ist nur so viel Wert, wie das dahinter liegende Geschäftsmodell. Die Entwicklung des mp3-Formats war revolutionär, aber erst die Entwicklung des iPods und der Musikplattform iTunes haben zu einem wirklichen Erfolg geführt. Als EntwicklungsleiterIn muss man also immer den unternehmerischen Aspekt einer Entwicklung berücksichtigen.

Aus- und Weiterbildung für EntwicklungsleiterInnen

Grundsätzlich ist es nicht erforderlich eine bestimmte Ausbildung oder einen akademischen Grad für die Tätigkeit als Entwicklungsleiter zu besitzen. Allerdings ist gerade die Promotion eine optimale Vorbereitung. Die deutsche Industriepromotion, insbesondere in der Produktionstechnik, bereitet junge Menschen auf eine solche Tätigkeit vor. Der Aufbau einer typischen Promotion besteht aus 4-6 Jahren Projekttätigkeit an einem Institut. Während dieser zeit sind unterschiedlichste Aufgaben durchzuführen, wie das zielorientierte Bearbeiten eines Forschungsprojekts und die Anleitung von studentischen Hilfskräften zur Unterstützung beim Projekt. Meistens müssen weitere „kleiner“ Projekte nebenbei betreut werden und man ist häufig in direktem Kontakt zur Industrie. Man erfährt also aus erster Hand, was die Anforderungen an Märkte sind und kann seine Entwicklungen darauf ausrichten.

Was dabei aber fehlt, ist das unternehmerische Denken bei der Entwicklung. Die meisten Forschungsergebnisse sind eben genau das, Forschung! Wie kann das aber in den Markt gebracht werden? Sind die Ergebnisse für potenzielle Kunden auch praktisch sinnvoll oder handelt es sich nur um theoretische Ideen. Welcher wissenschaftliche MitarbeiterIn hat im Laufe der Projektbearbeitung eine ROI-Betrachtung machen müssen? Hier könnten Institute sicherlich deutlich mehr, um den wissenschaftlichen Nachwuchs nicht nur fachlich, sondern auch vom Mindset auf eine Tätigkeit als EntwicklungsleiterIn vorzubereiten.

Faktenbox Produktionsleiter/-in:
Aufgaben:
– Neue Produkte planen, entwickeln und testen
– Innovationen und Zukunftstrends beobachten und nutzen

Fähigkeiten:
– Projektmanagement
– Innovationsdrang
– Kommunikationsfähigkeit

Typische zuständige Abteilungen:
– Forschung und Entwicklung
– Konstruktion
– Anwendungstechnik
– Kundensupport

Anzahl Mitarbeiter: Abhängig von der Unternehmensgröße und der Struktur der Abteilungen liegt die Mitarbeiterzahl vermutlich zwischen 3 und 20 Mitarbeitern.

Gehalt: 65.000€ – 100.000€

Ausbildung: IngenieurIn, DoktorIn

Zukünftige Veränderungen in der Entwicklungsleitung

Für einen EntwicklungsleiterIn stehen zwei wesentliche Veränderungen an. Die beiden Megatrends Klimakrise und Digitalisierung werden die Arbeit in Zukunft dominieren. Die Digitalisierung wird zum einen die Produkte und zum anderen die Art der Arbeit signifikant verändern. Die Entwicklungsraten im Bereich der Hard- und Software sind so extrem schnell, normale Entwicklungszyklen im Maschinenbau kommen bei diesen Geschwindigkeiten kaum hinterher. Das bedeutet, dass die technischen Möglichkeiten der neuen Produkte und Prozesse ständig steigen und immer neue Dinge realisierbar werden. Hier den Überblick zu behalten ist eine anspruchsvolle Aufgabe.

Aber Digitalisierung bedeutet ja nicht nur digitale Produkte auf den Markt zu bringen, sondern auch ein bestimmtes Mindset und eine neue Art der Arbeit. Agile Entwicklungsmethoden aus der Softwareentwicklung, MVP´s (Minimum Viable Product) oder datenbasierte Entwicklungsentscheidungen sind nur einige der Veränderungen, die hier zu nennen sind. Um im Maschinenbau in Zukunft Schritt zu halten, müssen Unternehmen und damit die dort verantwortlichen Führungskräfte schneller werden und die eigene Arbeitsweise an moderne Methoden anpassen.

Die zweite große Herausforderung ist die Klimakrise. In Zukunft werden und müssen mehr Produkte den Anforderungen einer klimaneutralen Nutzung und Herstellung genügen. Damit müssen innovative Produkte nicht nur technisch perfekt funktionieren und dabei profitabel herzustellen sein, sondern sie müssen eine neue und schwer messbare Anforderung erfüllen. Gerade auf diesem Gebiet haben viele IngenieurInnen wenig Erfahrung und wenig Wissen in der Ausbildung erlangt.

Das vollständige Interview mit Dr. Steffen Weber erscheint demnächst auf unserem Blog. Abonniert doch einfach unseren Newsletter, um diesen und weitere spannende Beiträge nicht mehr zu verpassen.

Schlagwörter: