Jede wissenschaftliche Mitarbeiterin und jeder wissenschaftliche Mitarbeiter weiß, dass es für die Arbeit am Institut zwingend erforderlich ist, Arbeit abzugeben, sonst ertrinkt man in ihr. Üblicherweise geschieht dies in Form von studentischen Arbeiten oder in bezahlter Form als Hilfswissenschaftler (HiWi). Studenten können einem hier einiges an Arbeit abnehmen, sie können Aufgaben eigenständig bearbeiten oder sogar ganze Projekte für einen übernehmen. Das schafft bei den wissenschaftlichen Mitarbeitenden Platz für konzentriertes Arbeiten.
Leider können Studierende aber auch das Gegenteil davon bewirken, wenn sie nicht selbstständig sind oder nicht sauber arbeiten. Wie überall gibt es geeignete oder weniger geeignete Mitarbeiter. Die Gründe können vielfältig sein und sind vielleicht auch nicht immer eindeutig. Beispielsweise kann die delegierte Aufgabe noch zu schwer sein. Mal kurz die Daten mit einem Matlab-Script auswerten, ist ja schnell gemacht. Für die Studentin im 2 Semester, die sich ein paar Euro dazuverdienen möchte, ist das aber noch viel zu schwer. Oder die Aufgabe ist nicht klar formuliert und es kommt zu Missverständnissen mit der Studentin. Wie soll jemand eine Aufgabe erfüllen, wenn sie keine klare Aufgabenstellung bekommt? Und ja, es gibt auch den Fall, dass Studenten einfach nicht genügend Fähigkeiten auf dem speziellen Gebiet haben.
Und genau das ist der Grund, warum die Promotion einen auch auf die Karriere als spätere Führungskraft vorbereitet. Im Berufsleben müssen Führungskräfte Aufgaben richtig delegieren, die passenden Personen mit Aufgaben betreuen und die Ergebnisse kontrollieren. Nur wer nicht alles selber macht, wird später im Berufsleben erfolgreich sein. Und dies können Promovierende am Institut frühzeitig lernen und sich selbst in dieser Rolle kennenlernen.
Gerade die Vergabe von studentischen Arbeiten stellt hier eine besondere Herausforderung dar, weil die Studierenden diese Arbeiten als Prüfungsleistung haben und sie abschließen müssen. HiWi´s werden für ihre Arbeit bezahlt und wenn die Zusammenarbeit nicht passt, kann man sich wieder trennen. Studierende, die ihre Abschlussarbeit schreiben, müssen diese zu Ende bringen. Aus diesem Grund sind bei der Vergabe der Arbeit schon einige Dinge zu beachten, auf die nachfolgend eingegangen wird.
Die richtige Aufgabenstellung finden
Die wichtigste Entscheidung, die man noch vor der Vergabe einer Arbeit überhaupt treffen muss, ist zu entscheiden welche Art von Aufgabe man vergeben möchte. Am Institut gibt es zahlreiche Dinge zu tun, verschiedene Projekte, Industrieaufträge, Anträge schreiben und die eigene Dissertation. Diese Aufgaben kann man in zwei Kategorien unterteilen: Institutsinteresse und persönliches Interesse. Alles was nicht Dissertation ist, gehört zum Institutsinteresse. Die Frage, die man sich jetzt stellen muss: Möchte ich eine Aufgabe vergeben, um Zeit für die Dissertation zu haben, oder möchte ich mit meiner Dissertation vorankommen, auch wenn ich viele Dinge für das Institut erledige? Ich persönlich habe mich nach einiger Zeit dafür entschieden alles für die Dissertation selbst zu machen und mich bei anderen Themen unterstützen zu lassen. Bei der Dissertation wollte ich es genau wissen und hatte eine persönliche Motivation, die Versuche genau so zu machen, wie ich es brauchte.
Kurze Gespräche statt lange Bewerbungen
Ist die Aufgabe klar, geht es an die Suche nach geeigneten Studierenden. Hier kann und sollte man viel Zeit für aufwenden. Promovierende neigen häufig dazu diese Bewerbungsphase zu kurz zu machen und entscheiden sich zu schnell für einen Kandidaten. Aber genau hier, muss man herausfinden, ob der Bewerber oder die Bewerberin überhaupt für die Aufgabe geeignet ist. Und genau in dieser Phase kommt es auf eine klare Kommunikation an. Es müssen die richtigen Fragen gestellt werden und, aber auch, die Erwartungen klar geäußert werden.
Um viele Studierende zu einer Bewerbung zu bewegen, sollte die Bewerbung so einfach wie möglich sein. Man sollte nicht direkt eine ausführliche Bewerbung verlangen, sondern lieber in einem kurzen Gespräch ausloten, ob man zusammenpasst. Dafür reichen meist 5 Minuten schon aus. Wer Interesse an der Arbeit hat, sollte kurz eine Mail mit der Telefonnummer schreiben, um dann zeitnah angerufen zu werden. Das spart Zeit beim Lesen vieler Bewerbungen und reduziert die Hemmschwelle für die Bewerbung.
Wenn man nach dem Gespräch dann der Meinung ist, das passt, dann sollte man Unterlagen verlangen, wie den Notenspiegel und eine kurze Beschreibung der Interessen und Fähigkeiten. Auch an diesem Anschreiben kann man viel erkennen, wie beispielsweise die Motivation oder die Einsatzbereitschaft. Wenn dies noch am selben Tag kommt, dann scheint die Studentin besonders viel Interesse und eine hohe Leistungsbereitschaft zu haben.
Mit den richtigen Fragen zu den richtigen Studierenden
Kommt die Bewerbung schnell, der Notenspiegel und die Kenntnisse passen, sollte man zu einem Gespräch einladen. Und dieses Gespräch muss es in sich haben. Hier trifft man die Entscheidung hop oder top. Und damit ist nicht nur deine Meinung gemeint, sondern auch die des Gegenübers. Was die Studentin vor einem kann und dass es passt, weiß man schon aus dem kurzen Gespräch und den Unterlagen. Typische Fragen nach Stärken und Schwächen etc. sind jetzt egal, das ist bekannt. Wichtiger ist es, ihre Motivation und Eigenständigkeit abzufragen. Um ins Gespräch zu kommen, habe ich mich immer noch einmal kurz durch den Lebenslauf führen lassen. Klar, das ist bei Studierenden meist recht „langweilig“: Schule dort, Abitur da, Studium begonnen, evtl. Hiwi-Job an Institut X. Aber es können auch mal spannende Nebeninfos drin sein, die die Studierenden dann hoffentlich auch hervorheben. Zum Beispiel ist eine abgeschlossene Ausbildung als Zerspaner total hilfreich, wenn es um eine Arbeit zum Fräsen geht.
Nach ein paar einfachen Fragen zu den konkreten Fachkenntnissen für die Arbeit habe ich dann einen Test gemacht. Ich habe den Studierenden einen Test mit 3 Fragen aus dem Studium hingelegt. Einfache Fragen aus den Grundlagenvorlesungen, die alle besuchen mussten. Bei einem solchen Test fragt man natürlich das Fachliche ab, interessanter ist aber die Art und Weise, wie die Studierenden da ran gehen. Viele sind überrascht und überfordert mit der Situation. Entschuldigen sich schon vorab, dass es ja so lange her ist oder sind von der Zeitvorgabe (bei mir waren es 10 Minuten) geschockt. Und genau um diese Reaktionen geht es. Beispielsweise hatte ich einen Studenten, der konnte nicht eine Frage richtig beantworten. Es war wirklich alles falsch. Aber, als ich ihm den Test gegeben habe, hat er mich angesehen und gefragt, wie viel Zeit er hat. Nach meiner Antwort hat er losgelegt, 7 Minuten nichts gesagt und den Test in Stille gemacht. Seine ersten Worte waren: „Ok, fertig! Ich hoffe ich habe ein paar Antworten richtig.“ Er hat mir gezeigt, dass er selbstständig und konzentriert arbeiten kann. Am Ende war er einer meiner besten Studenten, die ich am Institut betreut habe.
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Anforderungen klar kommunizieren erhöht die Effizienz
Während des Bewerbungsgesprächs ist es ganz wichtig die Anforderungen an die Studierenden klar zu benennen. Dazu gehört natürlich die Aufgabenstellung. Diese sollte erklärt und gemeinsam mit den Studierenden abgesprochenen werden. Es muss klar sein, was fachlich am Ende der Bearbeitungszeit gefordert ist. Aber viel wichtiger ist es die Anforderungen, Pflichten und Rechte für die Zusammenarbeit zu benennen. Das ist natürlich individuell von euch abhängig, es macht aber Sinn die Anforderungen und Rechte einmal aufzuschreiben und gemeinsam durchzugehen. Am Ende sollten die Studierenden diesen Zettel auch unterzeichnen, um das Commitment klar auszudrücken. Das spart später Diskussionen.
Dort könnte beispielsweise stehen, wo die Arbeit geschrieben werden sollte oder wie die Arbeitszeiten sind, wie die Bewertung der Arbeit abläuft oder welche Kriterien dafür herangezogen werden. Wichtig ist aber hier das richtige Mittelmaß zwischen Geben und Nehmen. Ihr könnt nicht nur Anforderungen an die Studierenden definieren, sondern müsst dies auch an euch selbst tun. Wann lest ihr die Arbeit wie oft Korrektur, wie sieht die Unterstützung bei der Einarbeitung aus, etc., all das sind Rechte, die die Studierenden danach haben.
Beispiele aus meinem Anforderungskatalog waren:
- Die Arbeit ist am Institut zu leisten und sollte in der Zeit stattfinden, wenn ich am Institut bin. (Wir hatten eine feste Arbeitszeit von 8-17Uhr.)
- Das Notenspektrum geht von 1.0-5.0 und kann ausgenutzt werden.
- Es gibt drei ausführliche Feedbacks, nach 4 Wochen, nach der Hälfte der Bearbeitungszeit und nach dem Vortrag. Im letzten gibt es den Notenvorschlag. Diese Feedback ist ein einseitiges Feedback, über die Note wird nicht diskutiert.
- Ich lese die Arbeit min. einmal komplett zur Korrektur und gebe Vorschläge, wie die schriftliche Ausarbeitung besser werden kann.
Zu den Anforderungen wird es später noch mal einen separaten Post geben, hier steckt sehr viel Substanz drin und würde den Rahmen eines Blogbeitrags sprengen. Ich hoffe aber, dass mit dem beschriebenen Grundsatz die Hauptaussage klar geworden ist: Definiert für euch, was euch wichtig ist und sagt es den Studierenden bevor sie sich für die Arbeit entscheiden.
Wenn ihr diese 4 Punkte bei der Auswahl der Studierenden beachtet, habt ihr ziemlich sicher schon deutlich mehr gemacht, als die meisten anderen. So findet ihr den richtigen Kandidaten oder die richtige Kandidatin für genau eure Problemstellung. Jede Studentin und jeder Student, die ihr betreut, kann euch Arbeit abnehmen und euren persönlichen Output steigern. Die Kunst die richtigen Aufgaben abzugeben ist eine Fähigkeit, die jede Führungskraft unbedingt beherrschen muss. Das schöne an der Promotion ist, dass ihr diese Fähigkeit trainieren könnt, ohne dass es Folgen hat. Klar ist es ärgerlich, wenn ihr mal daneben liegt. Aber das schlimmste was passiert ist, dass ihr mit den klar formulierten Anforderungen auch eine klare Note geben könnt. Zusammengefasst solltet ihr also bei der Auswahl von Bearbeitenden eurer ausgeschriebenen Arbeiten auf diese vier Punkte achten:
- Die richtige Arbeit vergeben. Macht euch klar, welche Aufgabenstellung ihr vergeben wollt und wo es euch strategisch am meisten hilft: Bei Dissertationsthemen oder Institutsthemen.
- Führt möglichst viele kurze Gespräche mit Studierenden, anstatt nach wenigen langen Bewerbungsschreiben eine schlechte Wahl zu treffen. Dazu muss die Hemmschwelle für die Bewerbung so gering wie möglich sein.
- Stellt die richtigen Fragen im Gespräch, um die Arbeitsweise der Studierenden zu testen. Hier kann auch ein kleiner Test eine gute Möglichkeit sein.
- Formuliert klar eure Anforderungen an euch und die Studierenden, damit alle wissen, worauf sie sich einlassen.
Vorlage zum Einstellungstest runterladen
Hol dir die kostenlose Vorlage des Einstellungstests von Produktionstalente zur Auswahl von Studierenden. Fülle dafür einfach das Formular aus und erhalte von uns eine PDF zum selbst ausdrucken per E-mail.
Nutze die Vorlage entweder direkt oder als Ideengeber für deinen eigenen Einstellungstest.
- 3 Fragen aus dem allgemeinen Maschinenbaustudium, die alle Studierenden beantworten sollten.
- Das Lösungsblatt ist Teil des PDF´s.
- Klares Design und übersichtliche Darstellung der Fragen.
Hinweis: Da unser Angebot exklusiv für wissenschaftliche MitarbeiterInnen der Produktionstechnik ist, überprüfen wir anhand des Eingaben deine Institutszugehörigkeit. Dies kann ein bis zwei Tage dauern. Danach senden wir dir die gewünschte Datei direkt per Mail zu.
Autor: Oliver Maiß
Hallo, mein Name ist Oliver und ich bin Gründer und Initiator von Produktionstalente. Ich habe selbst 6 Jahre am IFW in Hannover promoviert und kenne daher viele Herausforderungen vor, während und nach der Promotion. Ich schaffe gerne Möglichkeiten, um Menschen miteinander zu vernetzen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir aus jeder Begegnung etwas wertvolles für uns mitnehmen können. Und vielleicht konntest du ja jetzt auch schon etwas von mir mitnehmen.