Startup, Mittelstand oder Konzern? – 5 Fragen, 3 Meinungen

Manager Product Engineering: Modular- und Wendeschneidplattenbohrer – Kennametal
Nach dem Maschinenbaustudium an der Leibniz Universität Hannover hat Patrick Kuhlemann im Bereich der Fertigungstechnologie am Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) in Hannover 2019 promoviert. Über das institutsinterne Netzwerk hat Patrick den Kontakt zu seinem späteren Arbeitgeber herstellen können. Heute ist er im Weltkonzern Kennametal als Manager Product Engineering für den Bereich Modular- und Wendeschneidplattenbohrer verantwortlich. Früher konnte er sich eine Tätigkeit in einem Weltkonzern zwar nicht vorstellen, heute schätzt er dafür die Internationalität und die Vernetzung innerhalb des Unternehmens umso mehr.
Was hat dich überzeugt in deinem Unternehmen anzufangen, bzw. ein Unternehmen zu gründen?
Zunächst klang für mich (Maschinenbauingenieur mit Promotion im Bereich Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen) ein Unternehmen mit eigener Werkzeugentwicklung als ein „perfect match“.
Die Mission und Vision von Kennametal haben mich zudem gleich angesprochen: „Transform how everyday life is built.“ Also auf jeden Bereich im täglichen Leben Einfluss nehmen und zu Veränderungen beitragen. Auf der Homepage heisst es „Durch die Kompetenz und Innovation unserer Mitarbeiter liefern wir branchenführende Tools und Technologien, die Kundenherausforderungen lösen und außergewöhnliche Leistung ermöglichen.“ Ich dachte, das passt perfekt zu mir! Ich wollte immer im Bereich der Werkzeugentwicklung arbeiten, der sich auf das tägliche Leben der Menschen auswirkt und es mir ermöglicht, kreativ zu sein, zu herausfordernden Lösungen beizutragen, Innovationen zu entwickeln und mein eigenes Fachwissen einzubringen und weiterzuentwickeln. Die Arbeit auf Managementebene in einem globalen Unternehmen bringt für mich sehr spannende Verantwortungsbereiche und Weiterentwicklungsmöglichkeiten mit sich. Auch spricht es mich an, Menschen aus verschiedenen Kontinenten und Kulturen in einem Team zusammenzubringen und letztendlich ein perfektes Produkt für den Kunden zu entwickeln und ihm zu helfen, die beste Lösung zu finden. Mit dem Kompetenzzentrum für Bohrwerkzeuge in Deutschland finde ich die enge Verzahnung und Zusammenarbeit mit den Produktionsstätten sehr gut. Das erleichtert mir natürlich die Einarbeitung vor Ort.
Wenn ich ehrlich bin, wollte ich nie in einem Konzern anfangen – durch diverse Berichte bildete sich bei mir das Vorurteil aus, dass man in einem Konzern nur eine Nummer in der Kartei ist und keinen Kontakt zu Entscheidungsträgern hat, und das ganze Geschäft im Vergleich zum dynamischen Mittelständler sehr träge ist.
Wie bin ich trotzdem bei Kennametal gelandet? Alles begann mit einem sehr interessanten Gespräch auf der Messe EMO in Hannover. Es stellte sich heraus, dass bei Kennametal die Kommunikation mit der oberen Führungsebene sehr gut ist, innerhalb Deutschlands und weltweit. Die ersten Gespräche waren zwar nur über Videotelefonie, da die Führungsetage in den USA sitzt, aber alle Gespräche waren sehr positiv, informativ und alles andere als distanziert oder einseitig. Bereits in der Interviewphase habe ich mit internationalen Führungskräften und dem Top Management bei Kennametal gesprochen. Hinzu kommt, dass ich in ein Mentoring-Programm aufgenommen wurde. Mein Mentor saß vor einigen Jahren selbst auf der vakanten Position, für die ich eingestellt wurde. Er konnte mich offensichtlich gut davon überzeugen, dass meine Vorbehalte gegenüber Großkonzernen mit mehr als 100.000 Mitarbeitern gelten könnten, nicht jedoch für Kennametal mit etwa 10.000 Mitarbeitern.
Mach doch mal ein bisschen Werbung für dein Unternehmen. Welche Karrierechancen haben Nachwuchsführungskräfte in deinem Unternehmen? Warum sollten Talente in deinem Unternehmen anfangen?
Wir sind immer auf der Suche nach neuen Talenten, von Facharbeitern bis hin zu Promovierten. Jeder, der sich für Zerspanungswerkzeuge interessiert, hat die Möglichkeit, seinen Platz bei Kennametal zu finden und kommt auf seine Kosten. Von Ingenieuren ohne oder mit Personalverantwortung bis zum Management. Stellt man für sich persönlich nach einiger Zeit fest, dass man nicht mehr in der Produktentwicklung arbeiten möchte, kann man sich beispielsweise im Produktmarketing weiterentwickeln oder den Produktbereich wechseln. Zudem besteht die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, da wir Entwicklungs- und Produktionsstandorte vom asiatisch-pazifischen Raum über Europa bis nach Nord- und Südamerika haben. Darüber hinaus sind wir sehr stolz auf unsere Eigenentwicklungen und Werkzeuginnovationen im Unternehmen. In meinem Team gibt es neben Diplomingenieuren oder B.Sc/M.Sc auch Staff Engineers ohne Studium, die mit der Ausbildung gestartet sind und sich mit Meister-/Technikerweiterbildungen und hervorragender Leistungen weitergebracht haben. Es gibt einen klaren persönlichen Entwicklungsprozess für alle Mitarbeiter bei Kennametal, und alle Schulungsbedürfnisse, Karriereschritte und Trainingsbedarfe werden in regelmäßigen vierteljährlichen oder halbjährlichen Review Meetings besprochen. Es gibt also viele Möglichkeiten voranzukommen.
Wie sieht die Kommunikation zwischen den Mitarbeitern, zu den Führungskräften und zur Geschäftsführung bezogen auf Allgemeines, die Entscheidungsfindung oder auch die Entwicklung neuer Ideen und Innovationen?
Wie ich oben bereits beschrieben habe, ist die Kommunikation im Grunde von ganz oben bis ganz unten transparent. Natürlich kann nicht jeder ständig direkt mit unserer CTO telefonieren, gewisse Berichtsstrukturen gibt es schon. Dafür gibt es aber beispielsweise regelmäßige Meetings, in meinem Bereich organisiert von unserer CTO, an denen jeder teilnehmen und Fragen stellen kann. Auch gibt es sogenannte Town Hall Meetings oder auch „On-Our-Mind“ -Sessions mit dem Top Managment, die eine offene Plattform sind und immer eine Frage- und Antwortrunde enthalten. Es wird tatsächlich auf Fragen oder Anregungen in jedem Meeting und bei jeder Kommunikation gehofft und die Kommunikation unabhängig von der Position gefördert. Kultur ist wichtig bei Kennametal. Dazu gehört beispielsweise auch eine professionelle Feedbackkultur in allen Bereichen. Der Innovationsprozess für Werkzeuge ist ebenfalls klar definiert und folgt einem Stage-Gate-Prozess, sodass jeder, der neue Ideen hat und auf Innovationen kommt, diese einbringen kann.
Welche Eigenschaften schätzt du an deiner Unternehmensform besonders (Konzern, Startup oder KMU)? Warum ist das so?
An einem global aufgestellten Konzern ist spannend, dass sowohl Entwicklungsteams als auch Produktionsstandorte auf der ganzen Welt verteilt sind. Zudem werden die Produkte auch weltweit verkauft. Damit gehen wiederum spannende kulturelle Themen einher wie zum Beispiel die Zusammenarbeit mit Kollegen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen oder eben auch die Märkte unterschiedlicher Länder – die teils sehr unterschiedlich reagieren. Dies macht das Leben eines Entwicklers noch spannender, denn es geht nicht nur um das nächste, bessere Produkt … sondern was fordern die Märkte? Fordern die Märkte in Europa, Amerika und Asien unterschiedliche Schwerpunkte? Insgesamt habe ich den Eindruck, dass ich mich mit den facettenreichen Eigenschaften eines Konzerns auch persönlich weiterentwickeln kann – und dies gepaart mit der Arbeit macht immens viel Spaß! Sicherlich ist auch das Budget für Entwicklungsprojekte ein weiterer sehr positiver Punkt für mich, dies gibt einem Entwicklungsingenieur die nötige Luft zum Atmen!
Welche vermeintliche Eigenschaften eines Startups oder KMU´s vermisst du in deinem Unternehmen?
Wenn ich an meine Zeit am IFW zurückdenke, war es bei 100 Leuten sicherlich einfacher, dauerhaft den gesamten Überblick zu haben – als normaler wissenschaftlicher Mitarbeiter oder auch als Abteilungsleiter. Im „Kleinunternehmen“ Institut konnte ich an vielen Dingen gleichzeitig wachsen, von der Finanzierung bis zur Produktentwicklung – dies ist in einem größeren Unternehmen natürlich nicht mehr in diesem Maße möglich. Wobei dies wahrscheinlich eher kein Nachteil ist, spannend war die Zeit natürlich trotzdem und man konnte viele Eindrücke mitnehmen, die evtl. im Konzern für das ein oder andere eigene Verständnis sorgen.
In einem Konzern muss man sich eher darauf einlassen, etwas weniger Transparenz oder Einblick, z.B. als Ingenieur in die Finanzen, zu haben. Aber man kann eben nicht auf allen Gebieten ein Experte sein und alle Details kennen. Man muss sich auf die Fachexperten verlassen, die einem dann entsprechende Berichte liefern, wenn man sie braucht. Auf diese Weise kann ich mich auf mein eigenes Fachgebiet konzentrieren und dort spezifischer werden und lernen und wachsen. Der Einstieg in eine kleine Organisation war wahrscheinlich kein Nachteil, die Zeit war natürlich immer noch aufregend und ich konnte viele Eindrücke mitnehmen und viel lernen. Das Fazit ist, dass jede Unternehmensgröße Vor- und Nachteile hat. Ich kann jetzt eigentlich gar nicht sagen, dass ich etwas vermisse. Die Vor- und Nachteile einer jeden Unternehmensform sollten gründlich von jedem einzelnen betrachtet werden und jeder muss dann seinen Präferenzen folgen.
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Kennametal
Wehlauer Straße 73
90766 Fürth
Tätigkeitsfeld/Produkte: Schneidwerkzeuge (u.a. aus Hartmetall), verschleißfeste Produkte und Werkzeuglösungen sowie Services für die Bereiche Luft- und Raumfahrt, Straßen- und Bergbau, Energietechnik, Allgemeiner Maschinenbau, Transportwesen.
Mitarbeiterzahl: ca. 10.000