Mit einem eher typischen Werdegang bis zur Institutstätigkeit ist Ingo Felix Weiser jetzt auf dem eher weniger klassischen Weg für einen Promovierenden. Nach Bachelorarbeit, Masterarbeit und Hiwitätigkeit an verschiedenen Instituten der RWTH Aachen war er am Ende so begeistert vom Werkzeugmaschinenlabor (WZL), dass er dort auch die lang angestrebte Promotion begonnen hat. Ein solches positives Brainwashing passiert vermutlich Vielen, die an einem Institut anfangen. Streben aber die meisten dann eine Tätigkeit in der Industrie mit möglichst viel Führungsverantwortung an, ist Felix von der Lehre begeistert. Warum das so ist und wie sein etwas anderer Karriereweg aussehen könnte, hat er mir im Interview erzählt.
Hallo Felix, danke, dass du dir die Zeit für mich nimmst.
Hallo Oliver, vielen Dank für die Gelegenheit! Ich freue mich auf das Gespräch.
Damit die Lesenden dich zu aller erst einmal kennenlernen, magst du dich kurz vorstellen? Wer bist du? Was machst du gerade? Wo kommst du her?
Ich komme aus dem Bergischen Land und habe 2008 in Aachen mit dem Maschinenbau-Studium begonnen. Nach einem Studienaufenthalt am Polytech Lille in Nordfrankreich und einem Praktikum am Zentrum für Leichtbauproduktionstechnologie am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) habe ich mein Studium 2016 mit dem Master of Science in Produktionstechnik abgeschlossen und daraufhin am Werkzeugmaschinenlabor WZL der RWTH Aachen am Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren als wissenschaftlicher Mitarbeiter angefangen. Dort arbeite ich bis heute und beschäftige mich vor allem mit der Erforschung der thermomechanischen Wechselwirkungen beim Feinschneiden von induktiv erwärmten Stahlblechen.
Ingo Felix Weiser, M. Sc.
Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Gruppenleiter am Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen
Berufliche Laufbahn:
- Wissenschaftliche Hilfskraft am WZL
- Wissenschaftlicher Mitarbeiter am WZL
- Gruppenleiter für umformende Fertigungsverfahren am WZL
Ausbildung:
- Studium des Maschinenbaus an der RWTH Aachen und der Polytech Lille (Frankreich)
Das ist ja ein eher klassischer Background und sehr Aachen lastig. Aktuell bist du jetzt auch am WZL in Aachen tätig. Wie bist du dort gelandet? Oder anders gefragt, wieso hast du dich für die Promotion entschieden und dann ausgerechnet in Aachen?
Für mich war schon immer klar, dass ich promovieren möchte. Daher habe ich bereits in meinem Bachelorstudium begonnen, mich danach umzusehen, welche Lehrstühle für eine Promotion für mich infrage kommen könnten. Da mich die Vorlesungen von Prof. Klocke beeindruckt haben, habe ich meine Bachelorarbeit an seinem Lehrstuhl geschrieben und hatte das Glück, von meinem Betreuer sehr gefördert zu werden. Er hat mir dann nach meinem Masterabschluss auch geholfen, als wissenschaftlicher Mitarbeiter eingestellt zu werden.
Die Promotion ist ja meist nur ein Nebenprojekt im Institutsalltag, daher was sind denn so die Dinge und Tätigkeiten, die du vorher vielleicht nicht so erwartest hast, die dir aber richtig Spaß machen?
Von den vielen Tätigkeiten, die zum Institutsalltag gehören, liegen jedem naturgemäß manche mehr und manche weniger. Ich habe festgestellt, dass ich großen Spaß an Vorträgen und Lehre habe. Auch diese ist im Assistentenalltag ja häufig nicht der zentralste Punkt. Im Studium habe ich mich immer geärgert, wenn ich den Eindruck hatte, dass die Lehre für die Übungsleitenden nur eine unangenehme Pflicht ist, derer man sich so schnell wie möglich entledigt. Auf der anderen Seite ist es leider auch so, dass gute Lehre im aktuellen System im Grunde nicht belohnt wird, zumindest nicht im akademischen Mittelbau. Dennoch habe ich den Selbstanspruch, Übungen so zu halten, wie ich mir als Student gewünscht hätte, dass sie gehalten werden.
Ah ok. Das ist spannend. Ich war ja, ehrlich gesagt, ganz froh, dass ich mit der direkten Lehre in Form von Vorlesungen nichts zu tun hatte. Strebst du dann eher eine Karriere in der Industrie oder an der Hochschule an?
Mein Eindruck ist, dass sich das nicht widerspricht. Im Gegenteil, ich kann mich an kaum einen Professor erinnern, der nicht auf die eine oder andere Art in der Industrie Erfahrung gesammelt hätte. Somit ist nach meiner Promotion der nächste logische Karriereschritt eine Zeit in der Industrie, bevor ich sinnvollerweise an eine Hochschulkarriere denken kann. Aber wer weiß, vielleicht gefällt es mir ja dort so gut, dass ich dort bleiben will? Heute jedoch gehe ich davon aus, dass ich mich langfristig in Richtung Hochschule orientieren möchte. Eine interessante Alternative könnten außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sein, etwa die Fraunhofer-Institute oder das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.
Anzeige
ECOROLL AG Werkzeugtechnik
Durch die Verbesserung der Bauteileigenschaften leistet das Glatt- und Festwalzen einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Die ECOROLL AG Werkzeugtechnik ist als führender Hersteller auf dem Gebiet der mechanischen Oberflächenbearbeitung tätig und unterstützt seine Kunden bei der Optimierung der Fertigungsprozesse. Als Innovationsführer setzt ECOROLL bei der Entwicklung auf die eigene Erfahrung in der klassischen Werkzeugkonstruktion gepaart mit neuen digitalen Lösungen.
Weitere Informationen hier oder über unsere Sponsorenseite.
Ja cool, als Lehrerkind weiß ich, wie wichtig die Ausbildung junger Menschen für unsere Gesellschaft ist. Mein Vater hat mir mal erzählt, dass es ihn unglaublich motiviert hat, die nächste Generation von Berufstätigen auszubilden. Er hatte zwar keinen direkten Einfluss auf die Wertschöpfung, war sich aber immer bewusst, dass er den Grundstein für die Wertschöpfung der Zukunft legt. Daher finde ich es total bewundernswert, wenn du hier einen persönlichen Fokus drauf legst. Gerade an den Instituten herrscht ja aber ein anderer Ansatz. Hier geht es meist nur um die eigene Karriere in der Industrie. Findest du, dass das Thema „Professur“ an den Instituten ausreichend als Karrierealternative beworben und unterstützt wird? Wie sind da deine Erfahrungen?
Aktuell gibt es am Lehrstuhl für Technologie der Fertigungsverfahren mehr als 60 wissenschaftliche Mitarbeiter, als „Durchlaufzeit“ kann man etwa fünf bis sechs Jahre schätzen. Wäre die Professur das Hauptkarriereziel für alle Kolleginnen und Kollegen, dann dürfte jeder Professor im Grunde ausschließlich seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin ausbilden. Insofern bin ich der Meinung, dass es richtig ist, den Fokus auf andere Karrierewege zu legen, da die Anzahl an Professuren in jedem Fachgebiet begrenzt ist und die Professur darüber hinaus jedem und jeder wissenschaftlichen Mitarbeitenden durch den Institutsalltag vor Augen steht.
Ich glaube, dass praktische Erfahrungen sehr wichtig ist, um Inhalte vermitteln zu können.
Du strebst ja zunächst eine Stelle in der Industrie an. Warum ist dir das wichtig oder macht man das halt so? Und hast du da schon eine Vorstellung, wie das aussehen kann?
Ich glaube, dass praktische Erfahrung sehr wichtig ist, um Inhalte vermitteln zu können. Vieles kann man eben nicht aus dem Lehrbuch aufnehmen oder nur in der Theorie beherrschen. Daher bin ich dankbar, dass am WZL auch die wissenschaftlichen Mitarbeitenden hin und wieder an der Presse und am Prüfstand stehen, auch wenn das nicht meine Lieblingstätigkeiten sind.
Ich glaube, mit dem Ziel einer Hochschullaufbahn wäre es ideal für mich, zunächst eine möglichst breit aufgestellte Entwicklungstätigkeit in der Industrie anzustreben.
Gibt es irgendjemanden, der dich bei diesem Weg unterstützt? Ich glaube ja, dass dein Weg nicht der einfachste ist, da könnte doch ein Mentor oder Mentorin helfen, oder?
Natürlich gibt es am WZL vielfältige Unterstützung für verschiedenste Fragestellungen. Einen Mentor in dem Sinne für diesen konkreten Weg habe ich jedoch leider nicht. Ich kann mir gut vorstellen, dass so eine Form der Begleitung eine große Hilfe sein könnte.
Ok, dann abschließend noch die Frage, wie so dein Stand oder Zeitplan ist. Wie weit bist du mit deiner Promotion? Wann planst du fertig zu sein und das Institut zu verlassen? Ist das schon in Aussicht?
Ich plane, im Laufe des kommenden Jahres eine erste Version meiner Dissertation zu erstellen und suche dann spätestens am April 2023 nach einer neuen Herausforderung, aus persönlichen Gründen dann im Raum Kassel.
Dann Danke Felix, für das Gespräch und die Einblicke in einen ganz anderen Karrierewunsch.
Ich danke dir, Oliver!
Autor: Oliver Maiß
Hallo, mein Name ist Oliver und ich bin Gründer und Initiator von Produktionstalente. Ich habe selbst 6 Jahre am IFW in Hannover promoviert und kenne daher viele Herausforderungen vor, während und nach der Promotion. Ich schaffe gerne Möglichkeiten, um Menschen miteinander zu vernetzen, weil ich davon überzeugt bin, dass wir aus jeder Begegnung etwas wertvolles für uns mitnehmen können. Und vielleicht konntest du ja jetzt auch schon etwas von mir mitnehmen.