Simon Sinek beschreibt in seinem Buch „Leaders eat last“ den Wert des Circle of Safety. Innerhalb dieses Kreises in sozialen Gefügen sorgen sich die Mitglieder dieses Kreises umeinander. Als Beispiel zieht er immer die US Marines an, die einen ganz starken Wertekompass und ein noch stärkeres Verantwortungsgefühl gegenüber anderen Marines haben. Laut seiner Aussage riskieren Soldaten (ich verallgemeinere jetzt mal von den US Marines) ihr Leben ohne zu zögern für ihre Kameraden, weil sie sicher sind, dass die das gleiche auch für sie tun würden.
Jetzt kann man vom Militär denken und halten, was man möchte, diese Debatte, möchte ich jetzt nicht starten, aber der Punkt, den Simon Sinek hier bringt, ist sehr einleuchtend. Wir sind soziale Wesen und möchten uns in Gruppen sicher fühlen. Wenn wir uns in einer Gruppe sicher fühlen, dann sind wir ohne zu zögern bereit uns gegenseitig zu unterstützen. Wenn wir uns in einer Gruppe hingegen nicht sicher fühlen und ständig Angst haben, dass andere uns unsere Ideen wegnehmen, unsere Aussagen gegen uns verwenden oder hinter unserem Rücken unfair gegen uns arbeiten, dann sind wir schnell nicht mehr bereit unsere Unterstützung anzubieten.
Jetzt will ich natürlich nicht, die Promotion mit einer Kriegssituation vergleichen, das sind zwei völlig unterschiedliche Level von Stress, aber der Grundmechanismus, auf den ich hier eingehen möchte, der ist doch vergleichbar. Während der Promotion stehen wir unter Stress. Wir wollen unsere Arbeit am Institut gut machen, wollen herausstechen, wir wollen wissenschaftlich „die Welt verändern“ und wir wollen natürlich etwas Neues untersuchen und keine alten Kamellen bearbeiten. Wir sind dabei aber auch eine Gruppe von Gleichgesinnten. Promovierende an allen Instituten haben die gleichen Voraussetzungen und Herausforderungen.
Ist unser Drang nach einer innovativen wissenschaftlichen Arbeit mit Alleinstellungsmerkmal durch den Austausch mit anderen gefährdet oder fördert der Austausch die Qualität der eigenen Arbeit?
Ich bin der Meinung, dass der gegenseitige Austausch wichtig und richtig ist. Jeder hat andere Randbedingungen. Auch ein und das selbe Thema wird von zwei Menschen völlig unterschiedlich betrachtet.
Aus eigener Erfahrung kenne ich den Wert des Austausches. Wir hatten am Institut das Promotionskolloquium. Das war ein Treffen, auf dem jeder seinen eigenen Status der Dissertation vorgestellt hat. Ich erinnere mich noch, wie ich bei den ersten Kolloquien immer gestaunt habe, wie toll doch alle dastehen. Alle hatten eine tolle Gliederung und haben sich selbst super dargestellt. Mit der Zeit hat sich das Kolloquium aber verändert. Es ist immer etwas offener geworden. Bei meinen letzten Kolloquien ging es dann immer eher darum die eigenen Probleme aufzuzeigen und Input zu bekommen. Der Wert der Veranstaltung hat sich damit signifikant geändert. Anfangs war es eine Show, um sich selbst positiv darzustellen. Der größte Benefit war, dass man sich selbst vorher damit beschäftigt hat und seine Gedanken geordnet hatte. Später hatte man auch vorher seine Gedanken geordnet, hatte im Nachgang aber Lösungen für Probleme, auf die man selbst nie (oder zumindest nicht so schnell) gekommen wär.
Damit habe ich jetzt den ersten Teil der Überschrift hoffentlich verständlich erklärt. Es macht Sinn sich auszutauschen und zusammen an Themen zu arbeiten, auch wenn man nicht am gleichen Thema arbeitet. Den zweiten Teil möchte ich abschließend noch erläutern. Warum spreche ich von einer systematischen Zusammenarbeit?
Systematische Zusammenarbeit in Mastermind-Gruppen
Bei Masterminds kommen Menschen zusammen, um genau an diesen Problemen zu arbeiten. In einer Art Selbsthilfegruppe sprechen sie über Herausforderungen und diskutieren Lösungen. Gute Masterminds haben aber auch immer einen Moderator und ein System, in dem aus Problemen Lösungen werden und aus Lösungen dann Aufgaben. Diese Aufgaben werden durch die Gruppe überwacht. Das bedeutet, man bekommt nicht nur einen Lösungsvorschlag, sondern auch direkt die Aufgabe, dies umzusetzen. Beim nächsten Treffen wird dies systematisch überprüft und dadurch ein sozialer Druck aufgebaut. Dieser Druck ist positiv und führt dazu, dass Projekte schneller fertig gestellt werden.
Bei einem Mastermind von Produktionstalente gab es beispielsweise einen Teilnehmer, der kurz vor Beginn des Programms einen Themenwechsel hatte und eigentlich vor dem Nichts stand. Nachdem in jedem Treffen systematisch Lösungen und dann Aufgaben erarbeitet wurden, hatte dieser Teilnehmer nach 12 Wochen ein neues Thema, eine Gliederung und einen Termin, diese mit dem Professor zu diskutieren. Meine Behauptung ist, dass der Teilnehmer zwar ohne das Mastermind und nur im Austausch mit Kollegen am eigenen Institut irgendwann zu diesem Punkt gekommen wäre. Aber eben erst irgendwann. Beim Mastermind ging es darum, das aktuelle Problem zu verstehen und daraus den nächsten kleinen Schritt zu erarbeiten und diesen dann umzusetzen. Und das im zwei Wochen Rhythmus.
Zusammengefasst ist also die Kooperation untereinander extrem wichtig für den Erfolg. Nur wenn wir uns anderen Gegenüber öffnen, bekommen wir gute und wertvolle Lösungsansätze. Wenn das aber auch noch systematisch erfolgt, dann kommen wir sehr zielgerichtet und schnell an unser Ziel.